
Peter Sodann
Seit 1990 sammelte Peter Sodann die Bücher, die zwischen 1945 und 1990 in den Verlagen der DDR erschienen sind. Nach den Standorten Neues Theater Halle und Merseburg ist die Büchersammlung mit ca. 4 Millionen Büchern seit 2011 in der Gemeinde Staucha/Sachsen beheimatet.
Ohne Bücher bleibt die Welt verschlossen.
Volker Weidermann
Nachruf der Peter-Sodann-Bibliothek eG “…wider dem vergehen”
Peter Sodann ist am 5. April im Alter von 87 Jahren für immer von uns gegangen. Ein rast- und ruheloses Leben fand ein Ende. Der Krankheit konnte er nicht mehr genug entgegensetzen. Die Kraft seines Lebens war aufgebraucht. Die Peter-Sodann-Bibliothek eG, deren Gründungsvater er war, verliert mit ihm nicht nur ihren Ehrenvorsitzenden, sondern viel mehr: ihren Ideengeber, Büchersammler und Bücherfreund, einen Antiquar und Arbeitgeber. Vieles hat er in seinem Leben angefangen und geschaffen, dass der Nachwelt erhalten und in Erinnerung bleibt. Film, Fernsehen, Theater, Bibliothek sind vergegenständlichte Zeugen seines Wirkens.
Peter Sodann war ein Schauspieler und Kabarettist von hoher Popularität. Aber es bedurfte auch besonderer Eigenschaften, um eine Buchsammlung zu schaffen, die bis heute anwächst. Peter Sodann war energisch, authentisch, beharrlich, unmittelbar, herausfordernd und konsequent. Und es bedurfte einer besonderen Liebe zu den Büchern seines bisherigen Lebens, zu den Büchern seiner Zeit, die ab 1989 immer weniger Wertschätzung und Interesse erfuhren.
Staucha wurde fast Pilgerstätte zu dem berühmten Schauspieler. Peter Sodann wusste auch hier die Bühne zu betreten und auf Menschen zuzugehen, die seine Worte erwarteten. Er ging gern ins Gespräch, provozierte, sprach in Schlagzeilen – und war trotzdem in allem vielschichtig. Nie vergaß er zu erinnern, dass seine Sammlung an Büchern aus „weggeworfenen“ Büchern bestand. Dies war der Anfang, als er containerweise die zur Vernichtung preisgegebenen Bücher aus Verlagen der DDR rettete. Später wussten Menschen, dass er ihre Bücher und Buchsammlungen bewahren würde, wenn es ihnen selbst nicht mehr gelang. Hier fanden sie einen Verbündeten, der in der Wendezeit den zu erwartenden Verlust an Schriftgut mehr fühlte als den Gewinn in der neuen Zeit. Den Schmerz darüber mit seiner Sammelleidenschaft für Bücher zu verbinden war genial. Entstanden ist ein Werk von weltweiter Einmaligkeit - die Peter-Sodann-Bibliothek.
Sie macht Peter Sodann mehr als populär. Sie macht ihn unsterblich. Das Sammelgebiet „Ostdeutsches Schriftgut“ nach dem Ordnungsprinzip der Verlage der DDR und der sowjetischen Besatzungszone, entstanden zwischen Mai 1945 und Oktober 1990, ist ein unvergleichbares Alleinstellungsmerkmal. 250.000 Exemplare zählt die Sammlung inzwischen und Millionen Bücher warten auf Sichtung und Sortierung.
Das Vermächtnis, welches Peter Sodann der Genossenschaft mit seiner Bibliothek hinterlässt, ist groß. Es bedarf intensiver Arbeit. Dessen sind wir uns, der Aufsichtsrat und der Vorstand der Genossenschaft, bewusst. In seinem Sinne wollen und werden wir diese große Aufgabe weiterführen.
Angewiesen ist die Peter-Sodann-Bibliothek auf gesellschaftliches und politisches Wohlwollen - und auf die finanzielle Zuwendung vieler Spenderinnen und Spender.
Bitte unterstützen Sie das Werk von Peter Sodann auch weiterhin.
Spendenkonto: Sparkasse Meißen, IBAN DE81 8505 50000500 1566 20
Auch im Namen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Genossenschaftsmitglieder
Bernd Pawlowski Dr. Hansi-Christiane Merkel Heiko Isopp
Aufsichtsrat Vorstand Vorstand
Peter Sodann wurde am 01.06.1936 in Meißen geboren und wuchs in Weinböhla bei Dresden auf. Nach seiner Lehre als Werkzeugmacher absolvierte er von 1954 bis 1957 ein Studium an der Arbeiter- und Bauernfakultät. Anschließend begann er ein Jurastudium in Leipzig, wechselte aber 1959 zur Theaterhochschule Leipzig. Während seines Studiums leitete er das Kabarett "Rat der Spötter", das 1961 aufgelöst wurde. Aufgrund von staatsfeindlicher Hetze wurde Peter Sodann verhaftet, vom Schauspielstudium relegiert und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Das Strafmaß wurde später in vier Jahre Bewährung umgewandelt.
Nach seiner Haftentlassung im Jahr 1962 erlernte er den Beruf des Spitzendrehers und immatrikulierte sich 1963 erneut an der Theaterhochschule in Leipzig. Sein erstes Theaterengagement führte ihn 1964 ans Berliner Ensemble, wo er unter der Leitung von Helene Weigel die Rolle des Dullfeet in "Arturo Ui" übernahm. Dort machte er auch seine erste Regiearbeit mit dem Nachtprogramm "Also wissen 'se nee", das später in Halle zur Revue "Was das für Zeiten waren" wurde.
Im Jahr 1966 wechselte er an die Städtischen Bühnen Erfurt, wo er unter anderem die Rollen des Wanzen in "Egmont" und des Thersides in "Troilus und Cressida" spielte. Hier entdeckte er auch seine Leidenschaft für bauliche Maßnahmen und errichtete unter anderem eine Galerie im Theater.
Im Jahr 1975 wurde Peter Sodann zum Schauspieldirektor an den Bühnen der Stadt Magdeburg ernannt. In der Folge führte er mehrere erfolgreiche Regiearbeiten durch, darunter "Einzug ins Schloss", "Nathan der Weise" und "Liliom". Im selben Jahr wurde er zum zweiten Mal als Regisseur nach Moskau eingeladen, um "Kabale und Liebe" zu inszenieren. Sodann hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits als Regisseur einen Namen gemacht und war trotz seines jungen Alters von noch nicht einmal 45 Jahren bereits gefestigt.
Ab März 1980 lebte und arbeitete Sodann in Halle an der Saale. Dort übernahm er zunächst die Position des Schauspieldirektors am damaligen Landestheater, bevor er 1981 zum Intendanten des "neuen theaters" ernannt wurde. In dieser Rolle baute er das Theater selbst aus einem alten Kinosaal zu einem Schauspielhaus um und erweiterte es zu einer Kulturinsel mitten im Herzen von Halle. Heute besteht der Komplex aus dem Großen Saal, einem Hoftheater, einem Kammertheater, einer Galerie, einer Bibliothek mit Literatur aus der DDR-Ära und einem LiteraturCafe. Auch die Theaterkneipe "Strieses Biertunnel" gehört dazu.
Im Jahr 1999 erhielt Sodann den Preis des Verbandes der deutschen Kritiker für seine Arbeit an der Kulturinsel in Halle. Im Frühjahr desselben Jahres stand er selbst nach längerer Zeit wieder als Schauspieler auf der Bühne, und zwar in dem Stück "Furtwängler, Kategorie 4". Sodann ist nicht mehr länger Intendant der Kulturinsel in Halle, da die Stadtverwaltung seinen Vertrag über das Jahr 2005 hinaus nicht verlängert hat.
Sodann wurde bundesweit bekannt als Tatort-Kommissar Bruno Ehrlicher, eine Rolle, die er seit 1991 mit großem Erfolg spielt. Für seine überzeugende Darstellung der beliebten Krimifigur ernannte ihn die sächsische Polizei 1996 und Sachsens Polizeigewerkschaft 1999 jeweils zum Ehrenkommissar. Die Polizeidirektion Halle verlieh ihm 2001 ebenfalls den Ehrenkommissar-Titel.
Zu seinem 65. Geburtstag erhielt Peter Sodann das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Am 23. Februar 2006 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt Halle ernannt. Von 2006 bis 2011 war er Vorsitzender des Silberbüchse-Fördervereins Karl-May-Haus e.V. (Hohenstein-Erstthal). Darüber hinaus war er Botschafter für das Kinderhospitz-Mitteldeutschland Nordhausen e.V.
Außerdem war Peter Sodann in verschiedenen ARD-Serien wie "Tanja", "Sterne des Südens" und "Leinen los für MS Königstein" sowie in zahlreichen Filmen zu sehen. Zu seinen bekanntesten Werken zählen "Sansibar oder der letzte Grund", "Jan auf der Zille", "Ernst Thälmann" und "Trutz". Für eine ZDF-Dokumentation übernahm er die Rolle von Karl May und bereiste Ägypten nach einem Drehbuch von Erich Loest. Im Jahr 2000 spielte er Mielke in der ZDF-Produktion "Deutschlandspiel", und 2001 war er in den ZDF-Produktionen "Liebesau, die andere Heimat" und "Herzstolpern" zu sehen.
Darüber hinaus spielte er in weiteren Fernsehproduktionen wie "Tage des Sturms", "KIKA.-Krimi.de", "Die Frau des Heimkehrers", "In aller Freundschaft", "Schloss Einstein" und "Der Turm" mit. Sodann war auch an zwei Kinoproduktionen beteiligt: "Die Könige der Nutzholzgewinnung" (2006) und "Die Männer der Emden" (2013).
2007 trat er zusammen mit Norbert Blüm erfolgreich mit dem Kabarettprogramm "Heimatabend" auf deutschen Bühnen auf.
Im Mai 2009 war der parteilose Peter Sodann als Kandidat der LINKEN für das Amt des Bundespräsidenten nominiert.
Privat war Peter Sodann in zweiter Ehe mit Cornelia verheiratet und hat vier Kinder: Tina, Susanne, Franz und Karl. Peter Sodann starb am 05. April 2024 im Alter von 87 Jahren in Halle (Saale).